Die Stromsteuer – Dichtung im Koalitionsvertrag und real gewordene Wahrheit

In dem zwischen Union und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag heißt es im Abschnitt 1.4. Klima und Energie:

Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren.

Wir haben uns erlaubt, „für alle“ und „Sofortmaßnahme“ im Text hervorzuheben. Genau darauf kommt es an.

Die in Deutschland zu entrichtende Stromsteuer beträgt seit dem Jahre 2003 2,05 ct/kWh. Das im Vertragstext genannte „europäische Mindestmaß“ beläuft sich hingegen auf sehr bescheidene 0,1 ct/kWh. Die von uns gewählten Koalitionäre offerierten uns allen demnach eine sofortige Entlastung von immerhin knapp 2 ct/kWh.

Schade, dass daraus nun doch nichts geworden ist. Zitat Tagesschau vom 25.06.2025:

Aus der deutschen Wirtschaft kommt scharfe Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nur für die Industrie sowie für die Land- und Forstwirtschaft zu senken.

Für alle ist demnach vom Tisch oder, glaubt man den Verlautbarungen der nächtlichen Debatte vom 02.07.2025 im Koalitionsausschuss, zumindest auf lange Sicht verschoben.

Die Kritik der „deutschen Wirtschaft“ ist vollauf berechtigt.

Betrachten wir aber zunächst einen nicht ganz unwichtigen Nebenaspekt der Tagesschau-Meldung:

Sie suggeriert, dass ab sofort eine signifikante Senkung der Stromsteuer für die im Zitat genannten Wirtschaftszweige stattfindet. Geflissentlich verschwiegen wird hingegen, dass die angeblich neu Begünstigten längst von geringeren Abgabelasten, nicht nur hinsichtlich der Stromsteuer, profitieren. Die rein monetär wirksamen Änderungen der neuen Regelung halten sich demnach in Grenzen. Richtig und auch aus unserer Sicht begrüßenswert ist die bereits von der Vorgängerregierung auf den Weg gebrachte Entbürokratisierung in Sachen Stromsteuererhebung.

Was den Kern der Kritik angeht: Bürger sowie kleine bis mittelständische Unternehmen (KMU) sollen auch in Zukunft allein die Zeche zahlen. KMU, Handwerk und Handel bilden mit über 50% Anteil am Bruttosozialprodukt das Rückgrat unserer Volkswirtschaft, was unsere Politiker bei jeder passenden Gelegenheit betonen und sich dabei als Interessenvertreter des Mittelstandes öffentlichkeitswirksam präsentieren. Hinsichtlich der Entscheidung über die Stromsteuer schien die Gelegenheit offensichtlich unpassend gewesen zu sein.

Wenig überraschend für uns ist die Dreistigkeit, mit der die Bundesregierung Wortbruch begeht und dabei die immergleichen Parolen verwendet. Man dürfe kommenden Generationen keine zu hohe Verschuldung aufbürden. Der Handlungsspielraum für die angekündigte Maßnahme sei nach neuesten Erkenntnissen leider nicht mehr gegeben.

Man muss schauen, wo das Geld herkommt,

so Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU). Sein Parteikollege Tilman Kuban hat hierzu sofort einen für ihn passenden Vorschlag parat. Er plädiert in der BILD-Zeitung für die Kürzung der Förderung für Wärmepumpen.

Wer mit Strom heizt, profitiert direkt von günstigeren Strompreisen und kommt deshalb auch mit weniger Förderung aus.

Und wer noch mit Gas oder Öl heizt, soll das auch weiterhin tun, weil er/sie sich aufgrund mangelnder Förderung keine Wärmepumpe leisten kann?

Durch ihr Zurückrudern in Sachen Stromsteuer hat die Regierung nach eigenen Angaben lediglich 5,4 Mrd. Euro für 2026 für ihren klammen Haushalt gerettet. Das ist ein Bruchteil der Subventionen für fossile Energieträger, deren Saldo, je nach Berechnungsmethode, zwischen 32 und 70 Mrd. Euro pro Jahr liegt.

Das eigentliche Sparpotenzial bei den Fossilen spielt sowohl in den Betrachtungen unserer Volksvertreter als auch in der Leitpresse nach wie vor kaum eine Rolle. Die fossilen Subventionen sind fest eingepreist. Von Finanzierungsvorbehalt dafür war bislang noch nie die Rede. Schließlich kommt es darauf an, „Bewährtes“ zu erhalten und zu stärken. Die dabei entstehenden Kosten sind sekundär.

Summa summarum: Der oft gescholtene letzte Wirtschaftsminister Habeck hatte zumindest eine Agenda für eine echte Energiewende. Die aktuellen Akteure setzen hingegen, trotz aller abgegebenen Lippenbekenntnisse, ziemlich unverhohlen auf eine möglichst lange Bewahrung der fossilen Energiewirtschaft. Hier wird immer noch jede Menge Geld verdient. Gerade am Gasmarkt, der uns Bürgern ständig als konsequente Hinwendung zum angeblich grünen Wasserstoff falsch verkauft wird, herrscht aktuell eine wahre Goldgräberstimmung (Video ab 31 min:13 sec).

Auf die Dauer kann dieser Ansatz aber schon rein ökonomisch nicht funktionieren. Erneuerbarer Strom ist schon heute preiswerter als fossil erzeugter, Umweltfolgeschäden nicht eingerechnet. Diese Tendenz wird sich durch Verbesserungen der Technologien für Wind, Sonne und Stromspeichern weiter verstärken.

Es stellt sich die Frage, wie viel Schaden wir unserer Umwelt und damit uns selbst noch zufügen wollen, indem wir den althergebrachten Intentionen der Bewahrer von CDU und SPD unwidersprochen folgen.

Was kommt als nächstes? Im oben zitierten Koalitionsvertrag heißt es weiter.

Um Planungssicherheit zu schaffen, ist unser Ziel, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln.

Bezüglich dieser Angelegenheit stellen wir vorab die Frage, ob dieses Ziel angesichts der massiven Ausbaupläne der Übertragungsnetzbetreiber auch nur ansatzweise irgendwann erreicht werden kann. Wiedervorlage des Themas Netzentgelte am 01.01.2026. Wir sind gespannt.

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