50Hertz macht Druck

Seit einigen Wochen beschäftigt sich unser Team intensiv mit dem Südostlink, Abschnitt B. Den Newsletter der BNetzA vom 04.08.2023 fanden wir deshalb sehr aufschlussreich und möchten ihn wie folgt kommentieren. Unsere Kritik fällt hart aus, weil der Text z.T. die Intelligenz des Lesers beleidigt. BNetzA-Text kursiv.

50Hertz hat für SuedOstLink-Abschnitt B vorgezogene Baumaßnahmen beantragt

Die Umstellung der Stromerzeugung auf erneuerbare Quellen drängt – und damit der Aus- und Umbau der Übertragungsnetze.

Ob dieser Ausbau tatsächlich so dringend ist, halten wir nach wie vor für eine unbewiesene Behauptung. Sie gilt nur im Rahmen der von den großen Energieunternehmen bevorzugten Strategie, die auch unter der Regierungsbeteiligung der Grünen weitgehend politische Deckung genießt.

Wenn die 70 GW offshore Windkraftleistung in Nord- und Ostsee bis 2045 tatsächlich umgesetzt werden, brauchen wir selbstredend etliche neue Leitungen. Der Bürger würde diese Vorhaben über rasant steigende Netzentgelte bezahlen. Wenn wir stattdessen auf massiven Ausbau von PV, onshore Windkraft auch im Süden und Speicher setzen, brauchen wir sie nicht. Und der Bürger hätte es in diesem alternativen Szenario in der Hand, seinen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

Um möglichst rasch Strom durch den für die Energiewende so wichtigen SuedOstLink fließen zu lassen, …

Wirklich für die Energiewende oder doch eher für die weitere Absicherung der Möglichkeit, Strom in großen Mengen zu exportieren bzw. durch Deutschland hindurch zu leiten? Ein bisschen mehr Wahrhaftigkeit täte auch der BNetzA gut.

…will 50Hertz parallel zum Planfeststellungsverfahren mit einzelnen, klar abgrenzbaren Baumaßnahmen beginnen. Für den durch Thüringen und Sachsen führenden Abschnitt B hat das Unternehmen erste Anträge auf vorzeitige Baumaßnahmen bei der Bundesnetzagentur gestellt.

Natürlich – die Zeit drängt. Auch die Investoren werden langsam ungeduldig.

Klar ist: Die Bauarbeiten in der Breite werden erst nach Vorliegen eines rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses starten.

Das beruhigt uns ungemein, zumal die BNetzA Einwände der Bürger und unabhängiger Sachverständiger „sehr ernst“ nimmt, indem sie sie immerhin veröffentlicht. In den Kernaussagen wurden diese Einwände aber niemals in den ÜNB → BNetzA-Plänen berücksichtigt.

Die nun ins Auge gefassten möglichen Vorab-Maßnahmen müssen deshalb klar abgrenzbar, umkehrbar und in der Art der Ausführung unstrittig sein.

Aha – die Vorab-Maßnahmen sollen umkehrbar und in der Art der Ausführung unstrittig sein. Substanziell darf man demnach immer noch darüber streiten? Wir interpretieren das zumindest so. Anderenfalls müsste man nicht auf die Umkehrbarkeit hinweisen.

Dass all diese Anforderungen erfüllt sind, wird durch die Bundesnetzagentur sichergestellt.

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass unser Vertrauen in die BNetzA aus vielerlei Gründen (u.a. wegen der „Dynamik“ der Szenariorahmen vom ersten seiner Art bis zum aktuellen) begrenzt ist. Die BNetzA abzuschaffen und Claudia Kempfert, Maja Göpel, Volker Quaschning und ein paar andere faktenbejahende Sachverständige mit der Ausgestaltung der Energiewende inkl. Genehmigung der Netzplanung zu betrauen – das wäre ein echter Fortschritt.

Zudem müssen die Flurstückseigentümerinnen und -eigentümer den vorgezogenen Baumaßnahmen explizit zustimmen.

Konkret plant 50Hertz im Abschnitt B die vorzeitige Realisierung einzelner geschlossener Querungen von Gewässern oder Straßen. Auch will 50Hertz mit dem Bau einer Kabelabschnittsstation bei Königshofen (Gemeinde Heideland) und einer Kabelmonitoringstation bei Altgernsdorf (Gemeinde Langenwetzendorf) vorab beginnen.

Womit 50Hertz erst einmal Fakten schafft, die den Intensionen alternativer Trassenführungen, angeregt durch massiven Widerstand der Bürger, entgegenstehen könnten. Die BNetzA wäre aufgrund dieser Fakten eher geneigt, den ursprünglichen Plänen von 50Hertz zuzustimmen. Schließlich muss man die Kosten im Blick haben. Das übliche, aber durchschaubare Spiel a la Jean Claude Juncker.

Und um die ab Herbst einsetzende, vegetationsfreie Zeit zu nutzen, könnten an einigen Stellen Baumfällungen erfolgen.

Hier wird’s grotesk. Baumfällungen sind also umkehrbar? Hierzu hätten wir gerne eine nähere Erläuterung. Denken die BNetzA-Autoren nur in größeren Zeitrahmen, was im konkreten Fall unzulässig wäre oder glauben sie ernsthaft, dieses grobe Foul im Text würde unbemerkt durchgehen?

Die Passage des Tautenhainer Walds ist hiervon jedoch ausdrücklich ausgenommen.

Wer hätte das gedacht. Wir haben bereits über den Widerstand, der sich bezüglich dieses konkreten Trassenabschnitts nicht so einfach kanalisieren lässt, berichtet.

Entscheidungen der Bundesnetzagentur zu den im Abschnitt B gestellten Anträgen erwartet 50Hertz erst nach Abschluss der behördlichen Öffentlichkeitsbeteiligung im August.

Wann genau werden die „vorgezogenen Baumaßnahmen“ durch die BNetzA genehmigt? Sind nach „Abschluss der behördlichen Öffentlichkeitsbeteiligung im August“ nicht alle Maßnahmen rechtssicher fixiert? Wird vielleicht gar schon irgendwo gebaut? Nichtinvasiv, versteht sich und „umkehrbar“. Wir werden das recherchieren.

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